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Sigurd´s Traum

Nimmt in ihrem Geiste schon konkrete Formen an. Es ist erstaunlich, wie der Geist von Jemandem, der kaum durch Geschichte vorbelastet ist, neue Informationen verarbeitet. Der Aufenthalt in der Bibliothek zu Greifenfurt war das Beste, was Sigurd je passieren konnte. Die Riesin hat konkrete Vorstellungen von dem, was sie vielleicht einmal in ihrer alten Heimat erschaffen möchte; nämlich ein Reich, von dem sich andere Länder noch was abgucken können.

Inzwischen weiß sie, dass die feuerspuckenden Berge in ihrer Heimat keine erzürnten Erdgötter sind – sondern Vulkane. Und sie weiß, dass man in vulkanischen Gebieten reichhaltige Bodenschätze finden kann – und sie weiß auch, wen das interessieren könnte – nämlich die Langbärte. Es könnte sie interessieren, genug Platz für sich und ihre Bauvorhaben, ihre Minen und ihnen (falls es ihnen ein wenig kalt werden sollte) von etwas zu erzählen, was heißes Wasser aus dem Erdinneren in Rohren durch Räume leitet, um sie warm zu halten. Um diese Berge, die etwas schaffen, was heutzutage unter dem Namen `Mikroklima´ bekannt ist, breiten sich seit Äonen unberührte Wälder aus, in denen Eisenholzbäume und Steineichen wachsen – und in denen noch immer die erstaunlichsten Geschöpfe leben. Ebenso wie die unberührten Küsten um die Nornenlande und das alte Sudennenreich – in den Sagen der Thorvaller `Asgard´ genannt - ungeahnten Fischreichtum bergen.

Man sagte ihr, sie sei eine Königin... dann will sie ihr Bestes tun, ein Reich aufzubauen. Eines, das jedem Religionsfreiheit gewährt – es sei denn, er fängt an, irgendwelche Dämonen anzubeten. Eines, in dem der Wissenschaft, der Magiekunde und der Alchimie neuer Nährboden für ungeahnte Erfindungen zur Verfügung steht. Ein Reich, in dem man frei leben kann – denn ihr schwebt kein Leibeigenensystem, kein richtiges Feudalsystem oder eine Sklavengesellschaft vor – sondern eine Art Kastengesellschaft, an deren Spitze ein Rat steht, den die Vertreter der Kasten selbst gewählt haben – sozusagen eine Art `berufene Demokratie´.

Was sie nicht dulden wird, sind rassenbegründete Stänkereien. Denn da hätten die Leute gleich zu Hause bleiben können – denn das haben sie dort auch schon. Sigurd möchte etwas Neues, Reines schaffen. Als Berserker weiß man: Zerstören ist wesentlich einfacher als etwas zu erschaffen. Aber Sigurd liebt Herausforderungen.

Sie hat viel über Ethik und Ehre gelernt – wie, dass man sie sich nur selber geben kann – und niemand außer einem selbst kann sie einem nehmen. Und sie hat noch weitaus mehr gelernt – denn sie hat den noch überaus weit entfernten Zenith ihrer Lebensspanne nicht mal annähernd im Sichtfeld... Mechanik, Schmiedekunst, Astrologie und Alchimie, Magiekunde, Festungsbau, Werftwissen und neue Theorien der modernen Kriegsführung sind für sie keine Bücher mit sieben Siegeln – es sind vielmehr interessante Bücher, aus denen sie neue Ideen und Visionen für ihr Reich schöpft. So zum Beispiel wird man in ihren nicht gerade geringen Schreibunterlagen immer wieder Entwürfe finden, wie man die modernsten Erkenntnisse der Kriegskunst in Festungen und auch Schiffen verwirklichen kann – ein Beispiel (vor allem für die Zwerge, die dies lesen, interessant) sind diverse Skizzen und Abschriften bzw. Zeichnungen, die sie in Greifenfurt kopiert hat.

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